Priscilla Precious, das tanzende Bumsmariechen

Priscilla Precious ist eine Frau, aber keine gewöhnliche Frau, der man vielleicht täglich beim Einkaufen begegnen könnte – nein… Sie ist so viel mehr. Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, sie vor vielen Jahren kennenlernen zu dürfen.

Ich erzähle Euch nun die Geschichte, die sich im Karneval 1989 zutrug.

Als junges, damals 18-jähiges Mädchen, war ich mit meinen Eltern beim Kölner Karnevalszug. Als gerade der Wagen mit dem Elferrat vorbeizog, kämpfte ich mich todesmutig alleine zum nächsten Getränkestand, um mir einen Asbach-Cola zu holen. Das war ein Leichtes für mich, da ich als Clown Pennywise verkleidet war und die angetrunkenen Männer einen gehörigen Respekt vor mir hatten (meine Eltern lasen immer gerne Bücher von Stephen King). Als ich einige Zeit später am Stand der Firma „Getränke Fickers“ ankam und mich an die überfüllte, mit laut grölenden, verkleideten Menschen vollbesetzte Theke anstellte, hörte ich neben mir die rauchige Stimme einer reifen Frau, die „noch 2 Kölsch und 2 blaue Lümmel“ bestellte. Sie stand direkt neben mir und roch nach Rauch und billigem Parfüm. Sie war als Funkenmariechen zurecht gemacht, trug schwarze Netzstrümpfe mit Löchern, ein rot-weißes Minikleid im typischen Uniform-Stil. Einige Knöpfe fehlten bereits und es hatte weiße Flecken.

„Den Clown kenn‘ ich, der taugt nichts!“ sagte die Frau, „warum bist du denn nicht als Nonne oder Indianer verkleidet?“ „Das könnte ich dich auch fragen, du Schlampe!“, sagte ich ziemlich gereizt, weil mir das Gedränge auf den Sack ging und die Frau mich mit ihrer asozialen Art total herausforderte. „He, mal nicht so gereizt, Kleines!“. Ich nahme mein Getränk und wollte gehen, da hielt sie mich an einer meiner Bommeln fest. „Weißt du eigentlich, wer ich bin?“ – „Nein, will ich auch nicht! Lassen Sie meine Bommel los!“ – „Ich bin Priscilla, das tanzende Bumsmariechen!“

Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte von ihr gelesen – verbotenerweise, und zwar in der „Wochenend“, die mein Vater seit den 70ern abonniert hatte und heimlich las, wenn meine Mutter beim Töpferkurs war. Das war doch diese Frau, die immer hinten in der Zeitschrift, wo die Kleinanzeigen sind, inseriert hatte. Oh weia! Die alte Sau!

Ich musste ihr imponiert haben mit meiner aggressiven Art, denn sie lud mich zu einem weiteren Kaltgetränk ein.

„Weißt du“, sagte sie, „ich bin hier mit meiner Tanzgarde, den ruud-wießen Fötzjer aus Geilenkirchen. Wir machen hier immer ein bisschen rum an Rosenmontag, wir wollen halt Spaß haben, du verstehst doch, was ich meine.“ Ich bekam einen hochroten Kopf. Dann kam auch mein Papa; ich wollte nicht mit dieser Frau gesehen werden, aber dennoch interessierte sie mich. Ich ging einen Schritt nach vorne, auf meinen Vater zu, der mir zurief: „wir gehen noch ins „Brauhaus Spät“, Liebsche, wir sitzen unten, direkt hinter dem Eingang! Wenn du hier fertig bist, kommst du nach! Du unterhältst dich ja noch!“

Jetzt stand dem fragwürdigen Vergnügen nichts mehr im Weg, denn ich wollte schon noch mehr wissen von dieser geheimnisvollen Frau. Ich wand mich ihr wieder zu und fragte: „Und was macht ihr dann so am Rosenmontag, welche Art von Spaß habt ihr denn?“ Priscilla antwortete: „Die ruud-wiße Fötzjer haben einen eigenen Wagen, da spritzt der Sekt nur so! Dafür sorgt der Sekt-Jupp schon. Und unsere Kaviar-Mädche müssen ständig auf’s Klo. Komm‘ doch mal mit!“

Jetzt war ich endgültig fasziniert von dieser ganz besonderen Schlampe und beschloss, mir das frivole Treiben anzuschauen. Ich folgte ihr durch das Getümmel, bis die Menschenmengen weniger wurden, und wir gingen in einen versifften Hinterhof, wo ein alter Opel Kadett, der besagte Karnevalswagen und mehrere Dixie-Klos standen.

Priscilla Precious, Mai 1990
Priscilla Precious, Mai 1990

Der Karnevalswagen war nicht besonders groß, dafür aber umso fantasievoller gestaltet: ein riesengroßer Pappmaché-Dödel ragte weit in den Himmel auf, die Seiten des Wagens waren mit klitorisartigen Applikationen beklebt und über allem prangte der Spruch: „Die Fötzjer sinn da, Bummsfallera!“ Priscilla erklärte mir: „Wir haben auch Wurfmaterial! Wir schmeißen mit dicken Würstchen und hartgekochten Eiern. Und wir spritzen auch gerne mal Sprühsahne in die Menge!“

Plötzlich hörte ich aus Richtung dieses verruchten Wagens ein Stöhnen. Ich wollte mir nicht ausmalen, wer da stöhnt und warum, aber Priscilla erklärte bereits: „Das sind Ray und Kiki, die schieben ’ne Nummer. Willste mitmachen, du kleines Luder?“ Nein, das war nun wirklich nichts für mich… „Weißt du, wir drehen jedes Jahr an Karneval einen Film, den wir an Videotheken verkaufen. Den kann man dann hinten in der Pornoecke ausleihen. Dieses Jahr nennen wir ihn: ‚Ruude Fötzjer, wieße Spritzjer‘.

Aus dem Opel Kadett stieg nun eine Frau, die sich als „Marylin Mystique“ vorstellte – sie musste die ganze Zeit in dem Auto gesessen haben; was sie dort machte, weiß ich nicht. „Ey Priscilla, wen hast du uns denn da angeschleppt?“ – „Die Kleine wollte mal sehen, wat mir Fötzjer so treiben!“

Was sich dann zugetragen hatte, kann ich nicht mehr vollständig wiedergeben, denn ich hatte einige Eierlikörchen mit Sprühsahne zuviel getrunken. Im Nachhinein kann ich mich aber daran erinnern, dass dieser Nachmittag auf dem Karnevalswagen mir meine Unschuld genommen hat und ich Priscilla Precious bis heute noch regelmäßig treffe.pssst

Stunden später kam ich mit einigen abgerissenen Bommeln, aber glücklich und besoffen im „Brauhaus Spät“ an, wo meine Eltern ebenfalls sturzbetrunken in der Ecke hingen und nicht genauer hinterfragten, wo ich die ganze Zeit gewesen bin. Ich sagte, ich hätte mich mit ein paar Mädels aus meiner Berufsschulklasse verquatscht…

Unregelmäßig treffe ich mich noch noch heute, 2016, mit Priscilla und habe immer eine Flasche Eierlikör und Sprühsahne im Kühlschrank, direkt neben der dicken Wurst. Und wenn Ihr mal in der Videothek seid und Euch ein Sexvideo ausleihen möchtet: schaut mal auf die Rückseite, ob Ihr dort meinen Namen findet..!

Hinweis:
Die Personen und die Handlung der Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

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