Falsche Erwartungen…

Hier schreibt mal wieder Euer Ray, der ziemlich gefrustet von einem Gespräch mit einem „Kunden“ zurück kommt. Und nun will ich mir mal den Frust von der Seele schreiben. Und Ihr seid leider die Leidtragenden, die sich diesen Sermon durchlsen müssen.

Beruflich bin ich bei einem Ziegelhersteller als QS-Mann tätig, habe also einen 8-Stunden-Tag. Aber da ich ganz gut mit WordPress klarkomme, sicherlich auch ein Händchen für Styling und Aussehen habe und schon einige Websites und Blogs gestaltet habe, realisiere ich im Bekanntenkreis ab und zu auch mal einen Webauftritt – insbesondere für Firmen, die keine gescheite Website haben oder vielleicht auch gar keine. Das mache ich für eine warme Mahlzeit und ein wenig Trinkgeld, also keineswegs gewerblich.

Der Schwager eines Arbeitskollegen hatte mir einen kleinen Auftrag verschafft: die bisher sehr unübersichtliche, wenig moderne und nicht zu pflegende Website dessen Firma (immerhin 40 Mitarbeiter) zu überarbeiten. Die Rahmenbedingungen waren von Anfang an klar:

  • sehr überschaubarer finanzieller Aufwand für den Auftraggeber
  • Realisierung mittels WordPress, sodass Inhalte vom Auftraggeber gepflegt werden können
  • das Ganze mache ich, wenn ich Feierabend habe und wenn es fertig ist, ist es fertig

Also klar definiert. Ohne Vertrag, auf Vertrauensbasis. Soweit okay, damit komme ich zurecht.

Als dann beim ersten Meeting der Grafiker des Hauses einen Entwurf für eine künftige Website vorlegte, die er in Photoshop erstellt hat und alle so „ja, genau so und nicht anders!“ riefen, machte ich mich daran, das Ganze adäquat umzusetzen. Ich kniete mich nach Feierabend in die Gestaltung, versuchte so nah wie möglich an das angedachte Layout heranzukommen. Dann schrieb ich eine Mail an die Dame, die bei der Firma anscheinend federführend ist (ich nenne sie einfach mal „Frau Müller“, obwohl das nicht der richtige Name ist).

Bäm! Ein Schlag ins Genick!

Man teilte mir mit, dass das bisherige Ergebnis ja wohl gar nichts mit dem ursprünglichen Entwurf zu tun hat und ich nochmal kräftig nachbessern solle. Nun muss man dazusagen, dass ich von Anfang an klarstellte, dass ein Photoshop-Entwurf nicht 1:1 in WordPress umgesetzt werden kann. Also besserte ich nach und näherte mich dem Entwurf immer mehr an, probierte Plugins aus und feilte am Layout, auch mittels CSS-Hacks. Nach einem weiteren Meeting, das ich mit den Auftraggebern hatte, bei dem auch der Grafiker, der leider absolut keine Ahnung von Webdesign hat und auch nach einer praktischen Einführung in die Möglichkeiten von WordPress nach wie vor der Meinung war, dass „das doch gehen müsse“ und dass „[geeignete] PlugIns doch wohl immer gut dokumentiert und einfach zu finden seien…“ mich mit großen Augen anschaute und zusammen mit Frau Müller mich mit abschätzigen Blicken musterte, frei nach dem Motto (so kam es mir vor): „Was kann der Typ eigentlich?“

Das Meeting wurde sehr schnell unangenehm, als ich nach einem gänzlich inkompetenten Wortbeitrag von Frau Müller die Chance nutzte, in einer ihrer Redepausen einen Einwand zu formulieren und ich mit den Worten „wenn Sie mich mal ausreden lassen würden!“ von ihr gemaßregelt wurde.

Der Grafiker wiederum wiederholte gebetsmühlenartig sein Mantra „das kann doch nicht sein, dass dieses und jenes nicht geht! Kann doch gar nicht sein!“. Kurz zu seinen Vorstellungen: er ist der Meinung, dass sich eine Website pixelgenau, wie ein Printmagazin, gestalten lässt. Und zwar genau so, wie er es sich in Photoshop zusammengeklickt hat. Mit allen Fantasie-Elementen und transparenten Textkästen, die frei im Raum (bzw. auf der Webseite) schweben.

Warum tue ich mir das eigentlich an?

Nach einem Telefonat mit Frau Gonzales, die ja mittlerweile auch ein kleiner WordPress-Crack wird und langsam aber sicher weiß, was geht und was nicht, sagte sie mir: „Tu‘ Dir das nicht an!“ Tja, und jetzt sitze ich hier und frage mich, warum ich jemals zugestimmt habe, den Entwurf eines Photoshoppers umsetzen zu wollen. Geht einfach nicht, zumindest nicht für ein Taschengeld und wenn man nebenbei einen Vollzeitjob hat. Und wenn das Arbeitsklima nicht stimmt, keine Teamarbeit zustande kommt, schon man gar nicht.

Was lernen wir daraus?

In Zukunft werde ich keinem vorgefertigten Entwurf mehr zustimmen, der mir vorgestellt wird. Das kann man einfach nicht realisieren. Vielmehr werde ich Vorschläge machen, wie eine Website aussehen kann und den Dialog mit dem Auftraggeber suchen. Wenn das nicht gelingt, breche ich ab. Ich habe keine Lust mehr, mich mit (sorry) Kotzbrocken auseinanderzusetzen, die mich wie Lakaien behandeln und denken, eine gute, realisierbare Leistung für ein Taschengeld zu bekommen.

Hammer wieder was g’lernt.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert